pfad | /engelke/briefe/briefe.xml |
type | letter |
author | Gerrit Engelke |
title | Briefe an Eltern und Freunde |
publisher | Büchergilde Gutenberg |
editor | Hermann Blome |
year | 1961 |
corrector | reuters@abc.de |
sender | www.gaga.net |
created | 20121012 |
projectid | 40b0333f |
Navigation:
- Kapitel 107
- Kapitel 1
- Kapitel 2
- Kapitel 3
- Kapitel 4
- Kapitel 5
- Kapitel 6
- Kapitel 7
- Kapitel 8
- Kapitel 9
- Kapitel 10
- Kapitel 11
- Kapitel 12
- Kapitel 13
- Kapitel 14
- Kapitel 15
- Kapitel 16
- Kapitel 17
- Kapitel 18
- Kapitel 19
- Kapitel 20
- Kapitel 21
- Kapitel 22
- Kapitel 23
- Kapitel 24
- Kapitel 25
- Kapitel 26
- Kapitel 27
- Kapitel 28
- Kapitel 29
- Kapitel 30
- Kapitel 31
- Kapitel 32
- Kapitel 33
- Kapitel 34
- Kapitel 35
- Kapitel 36
- Kapitel 37
- Kapitel 38
- Kapitel 39
- Kapitel 40
- Kapitel 41
- Kapitel 42
- Kapitel 43
- Kapitel 44
- Kapitel 45
- Kapitel 46
- Kapitel 47
- Kapitel 48
- Kapitel 49
- Kapitel 50
- Kapitel 51
- Kapitel 52
- Kapitel 53
- Kapitel 54
- Kapitel 55
- Kapitel 56
- Kapitel 57
- Kapitel 58
- Kapitel 59
- Kapitel 60
- Kapitel 61
- Kapitel 62
- Kapitel 63
- Kapitel 64
- Kapitel 65
- Kapitel 66
- Kapitel 67
- Kapitel 68
- Kapitel 69
- Kapitel 70
- Kapitel 71
- Kapitel 72
- Kapitel 73
- Kapitel 74
- Kapitel 75
- Kapitel 76
- Kapitel 77
- Kapitel 78
- Kapitel 79
- Kapitel 80
- Kapitel 81
- Kapitel 82
- Kapitel 83
- Kapitel 84
- Kapitel 85
- Kapitel 86
- Kapitel 87
- Kapitel 88
- Kapitel 89
- Kapitel 90
- Kapitel 91
- Kapitel 92
- Kapitel 93
- Kapitel 94
- Kapitel 95
- Kapitel 96
- Kapitel 97
- Kapitel 98
- Kapitel 99
- Kapitel 100
- Kapitel 101
- Kapitel 102
- Kapitel 103
- Kapitel 104
- Kapitel 105
- Kapitel 106
- Kapitel 107
- Kapitel 108
- Kapitel 109
- Kapitel 110
- Kapitel 111
- Kapitel 112
- Kapitel 113
- Kapitel 114
- Kapitel 115
- Kapitel 116
- Kapitel 117
- Kapitel 118
- Kapitel 119
- Kapitel 120
- Kapitel 121
- Kapitel 122
- Kapitel 123
- Kapitel 124
- Kapitel 125
- Kapitel 126
- Kapitel 127
- Kapitel 128
- Kapitel 129
- Kapitel 130
- Kapitel 131
- Kapitel 132
- Kapitel 133
- Kapitel 134
- Kapitel 135
- Kapitel 136
- Kapitel 137
- Kapitel 138
- Kapitel 139
- Kapitel 140
- Kapitel 141
- Kapitel 142
- Kapitel 143
- Kapitel 144
- Kapitel 145
- Kapitel 146
- Kapitel 147
- Kapitel 148
- Kapitel 149
- Kapitel 150
- Kapitel 151
- Kapitel 152
- Kapitel 153
- Kapitel 154
An Frau Dettmer
29. Juni 17
Liebe Frau Dettmer!
Heute endlich komme ich meiner Pflicht des Antwortens nach. Wochenlange Unlust hielt mich ab; denn wir liegen schon 5 Wochen in Stellung und sehen noch immer nichts von der erhofften Ablösung. Und daß ständiges Artilleriefeuer selbst die besten Nerven mürbe macht, werden Sie verstehen. Außerdem wird man als Meldegänger (der ich hier bin) genügend hin und her gehetzt, tags und nachts.
Ich habe mich sehr gefreut, als ich von Ihren Pinsel-Taten hörte; Karlchen F. war ja schon immer chronisch arbeitsdienstuntauglich. Trotzdem weiß er ja seine vollbärtliche Würde stattlich zu tragen. Die Frau E. gehört nun also auch zu den Leidtragenden – mit wie vielen anderen – und der alte Herr Klarinettenbläser Fr. ist auch tot. Es waren beide sehr nette Leute – schöne friedliche Zeit damals, als ich noch im Kittel im Hause Ifflandstraße 14 auf und ab stieg. Eigenes Gefühl, wenn ich denke, daß im lieben Hannover die Marktkirche noch immer so altersgrau steht, die Leute ruhig über die Goseriede an Höltys Grabmal vorüberwandeln – die Iffland- und benachbarten Straßen so gemächlich wie sonst schlafen, und hier – schießt uns der Franzmann immer mehr den Pinon-Wald (Aisne-Oise-Kanal) zusammen. Respekt bekommt man schon, wenn man sieht, wie 100jährige Eichen glatt abbrechen unter der aufschlagenden Granate. Schüttelt der Regenwind hin und wieder den Wald, so hört man immer wieder Knacken, Brechen und dann plötzliches Hinstürzen verwundeter Bäume, die sich mit Mühe noch grün und gerade gehalten. Dann: Meldegänger springe, klettere über Zweig- und Stammhindernisse auf den schmalen Pfaden. Sie haben wohl in den Heeresberichten (vom 21.-25. Juni) von den Gefechten bei Vauxaillon gelesen. Das ist unsere Gegend nämlich. Wenn unsere Kompanie auch nicht mitstürmte, haben wir doch Verwundete genug. Mich erfüllt wie immer ruhige Zuversicht. Wie könnte es anders sein? Es sieht ja jetzt ganz gewiß nicht nach Frieden aus, man hat aber doch die unbestimmte Hoffnung, daß es bis zum Herbst ein Ende geben müßte; sollten unsere Feinde nicht doch mal zur Vernunft kommen? Zeit wird es für sie – und die ganze europäische Menschheit. Von meinem dichterischen Einwohner ist wohl manches, doch nicht eigentlich Bedeutendes zu melden – auch diese Arbeit harrt des dafür unbedingt notwendigen Friedens und der Sammlung.
Und nun, daß ich's nicht vergesse: Hallo! Fuhrmann, Fahrer, »wohlbestallter« und uniformierter – wie doch ein Tabakkaufmann sich unerwartet schnell zum königlich preußischen Rosselenker auf wirft! Schneiderberg – die Trainzentrale – man denkt gleich wieder an das wunderbare, vertraute Herrenhausen – Berggarten im Sommer mit Rhododendron-Büschen – überhaupt mit Blüten, Blüten – Herrenhäuser Allee mit den bunt dahinwandelnden Menschlichkeiten: Alte Herren mit Rente, noch ältere mit Großvaterbärten, Kindermädchen und Kinder in allen Schattierungen ... Nun, wer weiß, ob ich nicht das Glück habe, im August-September meine beurlaubten Füße dorthin lenken zu können. Daß ich's möchte – versteht sich. Mit Freude las ich von Ihrer artigen Tabaksendung; leider ist von dem schönen Qualmstoff, der hier seltener ist als Kupfer und Eisen, noch nichts gekommen. Doch ich tröste mich, denn in der alten guten Postkutschenzeit wär's auch nicht anders gewesen.
Leben Sie wohl
und seien Sie und Ihre liebe Tochter recht gegrüßt von Ihrem
Gerrit Engelke