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Ludwig I. von Bayern: Gedichte - Kapitel 117
Quellenangabe
typepoem
authorLudwig I. von Bayern
titleGedichte
publisherJ. G. Cotta'schen Buchhandlung
printrunDritte Auflage
firstpub1839
correctorreuters@abc.de
senderwww.gaga.net
created20080420
projectid770cde1f
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Der weinende Fels bey Fontainebleau.

(Le rôcher qui pleure.)

»Willst du nun mein Herz verstoßen,
»Treulos an mir seyn?
»Bald verblühn des Lenzes Rosen,
»Und du bist allein.

»Treue Lieb' willst du verschmähen,
»Ziehst den Wechsel vor;
»Schnelle flieht, wie Westes Wehen,
»Der Anbeter Chor.«

Doch sie achtet nicht des Treuen,
Und er stürzet fort,
Nichts kann mehr den Jüngling freuen.
Spricht nicht mehr ein Wort.

Läßt sich zwischen Felsen nieder,
Fels Sophiens Herz;
Frohsinn kam zu ihm nicht wieder.
Nie aus ihm der Schmerz.

Fern der Sterblichen Gewimmel,
In der Einsamkeit,
Sah er dumpfen Harms zum Himmel,
Nie vom Gram befreyt.

Und da litt er viele Jahre,
Thränenvoll sein Blick;
Daß er ganz die Qual erfahre,
Denkt er stets zurück

An die bald geflohnen Stunden
Sel'ger Wonnezeit,
Als er Gegenlieb' gefunden
In Vergangenheit.

Doch es hat den Gott Erbarmen,
Nimmt des Lebens Last,
Nimmt es endlich von dem Armen,
Dem es nur verhaßt.

Er verwandelt ihn zum Steine;
Seiner Thränen Lauf
Hält doch nicht Verwandlung, keine
Felsenrinde auf.

Schon Jahrtausende verflossen,
Werden noch vergehn.
Immer von dem Fels vergossen
Thränen sind zu sehn.

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