type | misc |
author | Alexander Roda Roda |
title | Roda Roda und die vierzig Schurken |
publisher | Paul Zsolnay Verlag |
year | 1932 |
firstpub | 1932 |
corrector | Josef Muehlgassner |
sender | www.gaga.net |
created | 20160111 |
projectid | 6d74c599 |
Navigation:
- Kapitel 69
- Kapitel 1
- Kapitel 2
- Kapitel 3
- Kapitel 4
- Kapitel 5
- Kapitel 6
- Kapitel 7
- Kapitel 8
- Kapitel 9
- Kapitel 10
- Kapitel 11
- Kapitel 12
- Kapitel 13
- Kapitel 14
- Kapitel 15
- Kapitel 16
- Kapitel 17
- Kapitel 18
- Kapitel 19
- Kapitel 20
- Kapitel 21
- Kapitel 22
- Kapitel 23
- Kapitel 24
- Kapitel 25
- Kapitel 26
- Kapitel 27
- Kapitel 28
- Kapitel 29
- Kapitel 30
- Kapitel 31
- Kapitel 32
- Kapitel 33
- Kapitel 34
- Kapitel 35
- Kapitel 36
- Kapitel 37
- Kapitel 38
- Kapitel 39
- Kapitel 40
- Kapitel 41
- Kapitel 42
- Kapitel 43
- Kapitel 44
- Kapitel 45
- Kapitel 46
- Kapitel 47
- Kapitel 48
- Kapitel 49
- Kapitel 50
- Kapitel 51
- Kapitel 52
- Kapitel 53
- Kapitel 54
- Kapitel 55
- Kapitel 56
- Kapitel 57
- Kapitel 58
- Kapitel 59
- Kapitel 60
- Kapitel 61
- Kapitel 62
- Kapitel 63
- Kapitel 64
- Kapitel 65
- Kapitel 66
- Kapitel 67
- Kapitel 68
- Kapitel 69
- Kapitel 70
- Kapitel 71
- Kapitel 72
- Kapitel 73
- Kapitel 74
- Kapitel 75
- Kapitel 76
- Kapitel 77
- Kapitel 78
- Kapitel 79
- Kapitel 80
- Kapitel 81
- Kapitel 82
- Kapitel 83
- Kapitel 84
- Kapitel 85
- Kapitel 86
- Kapitel 87
- Kapitel 88
- Kapitel 89
- Kapitel 90
- Kapitel 91
- Kapitel 92
- Kapitel 93
- Kapitel 94
- Kapitel 95
- Kapitel 96
- Kapitel 97
- Kapitel 98
- Kapitel 99
- Kapitel 100
- Kapitel 101
- Kapitel 102
- Kapitel 103
- Kapitel 104
- Kapitel 105
- Kapitel 106
- Kapitel 107
- Kapitel 108
- Kapitel 109
- Kapitel 110
- Kapitel 111
- Kapitel 112
- Kapitel 113
- Kapitel 114
- Kapitel 115
- Kapitel 116
- Kapitel 117
- Kapitel 118
- Kapitel 119
- Kapitel 120
- Kapitel 121
- Kapitel 122
- Kapitel 123
- Kapitel 124
- Kapitel 125
- Kapitel 126
- Kapitel 127
- Kapitel 128
- Kapitel 129
- Kapitel 130
- Kapitel 131
- Kapitel 132
- Kapitel 133
- Kapitel 134
- Kapitel 135
- Kapitel 136
- Kapitel 137
- Kapitel 138
- Kapitel 139
- Kapitel 140
- Kapitel 141
- Kapitel 142
- Kapitel 143
- Kapitel 144
- Kapitel 145
- Kapitel 146
- Kapitel 147
- Kapitel 148
- Kapitel 149
- Kapitel 150
- Kapitel 151
- Kapitel 152
- Kapitel 153
- Kapitel 154
- Kapitel 155
- Kapitel 156
- Kapitel 157
- Kapitel 158
- Kapitel 159
- Kapitel 160
- Kapitel 161
- Kapitel 162
- Kapitel 163
- Kapitel 164
- Kapitel 165
- Kapitel 166
- Kapitel 167
- Kapitel 168
- Kapitel 169
- Kapitel 170
- Kapitel 171
- Kapitel 172
- Kapitel 173
- Kapitel 174
- Kapitel 175
- Kapitel 176
- Kapitel 177
- Kapitel 178
- Kapitel 179
- Kapitel 180
Malerei
Immer wieder bitten mich Freunde vom Land, bitten mich naive Beamte der Kontore, sie in das Wesen der Malerei einzuführen. – Hier ein dünner Leitfaden:
Allgemeines
Malerei ist eine Handfertigkeit, die vorgibt, ebene Flächen durch Aufpinseln von Farbe zieren zu können. Um die Preisspannung zwischen blanken und bepinselten Flächen etwas zu steigern, bezeichnen interessierte Kreise oberwähnte Geschicklichkeit gern als einen Zweig der Kunst; ohne zu bedenken, daß die willkürliche Ausdehnung des Begriffes ›Kunst‹ nicht ungefährlich ist: morgen könnte, vielleicht mit dem gleichen Recht, die Musik mit ebensolchen Ansprüchen auftreten.
Lassen wir aber Musik und Malerei als Künste gelten, so ist zu sagen: daß die Malerei zwar angenehm durch ihre Geräuschlosigkeit auffällt, hinwieder vermöge der dauerhaften Materialien, auf denen sie ausgeübt wird, Folgen von Geschlechtern beunruhigen kann.
Geschichtliches
Schon die Höhlenbewohner wußten die Umrisse der Dinge spielerisch-primitiv nachzuzeichnen. Die Ägypter und Babylonier füllten die so umgrenzten Flächen dann bunt aus. Als man erst entdeckte, daß Leinöl ziemlich rasch trocknet, stand der Weg zu den höchsten Firnissen offen.
Manche Religionsstifter haben das Malen verboten, weil es die Gläubigen zu Gotteslästerungen anreizt.
Technik
Man kann Öl malen, Aquarell, Pastell, Gouache und Tempera; auf Leinewand, Papier, Pappe, Holz und Mörtel.
Am billigsten ist Pappe. Sie ist als Malgrund sehr sympathisch, schon weil ihr Format nicht über Klafterbreite wachsen kann.
Gegenstände der Darstellung
Als ich noch jung war und gut, hießen die Gemälde:
»Ah, ein Enkerl!« – oder:
»D' Jagersbuam.«
Diese herzerquickende Art, das Genre, ist aber unmodern geworden: die Öldruckindustrie konnte es im Punkt der Wohlfeilheit mit dem Handbetrieb nicht aufnehmen; die Industrie ist im Konkurrenzkampf zusammengebrochen.
Historisches
Etwas später malte man meist Könige und Feldherren mit Pappenheimerstiefeln – bis die hohen Preise von Leder und Brokat auch dieser Kunstübung hemmend entgegentraten.
In den wirtschaftlichen Fährnissen der letzten Zeit haben sich die Maler zu einer Erwerbsgenossenschaft zusammengetan; der Preis der Bilder soll durch Trustbildung künstlich auf 3 M 50 emporgeschraubt werden.
Ich glaube nicht recht an die Möglichkeit.
Bei Landschaften vielleicht – Landschaften tragen ein individuelles Gepräge und erzielen bei verbissenen Liebhabern, denen sie grade passen, Liebhaberpreise.
Porträts aber? Da ist das Angebot zu groß. Porträts bekommt man in den Ateliers nächst dem Romanischen Café, selbst solche der verzwicktesten Physiognomien, jederzeit fertig in Hülle und Fülle zu kaufen. Man lasse sich aber schriftlich einjährige Garantie zusichern der Ähnlichkeit.
Zu den Landschaften wäre noch zu bemerken: Jene, wo sich links eine Sturzwelle bäumt, in der Mitte ein Torpedoboot mit Scheinwerfer und Eiszapfen – diese nennt man Seestücke, und sie sind von Professor Stöver. Bei Sieck ist hinten Nadelwald und vorn eine Wiese mit zwanzig, manchmal vierundzwanzig Ranunkeln. Sieck und Stöver sind also leicht zu unterscheiden.
Ebenso leicht auch Lenbach und Schattenstein bei Porträts, indem bei Lenbach der Hintergrund aus Schokolade besteht, bei Schattenstein jedoch aus Brustzucker, nur bei den im Krieg entstandenen Werken unter Zusatz von Saccharin.
Die Bilder, wo Königin Luise das Busentuch zusammennimmt und aus Angst vor dem Parkwächter rasch die Treppe herabschreitet, weil sie hinten den Springbrunnen angedreht hat – diese Bilder sind ein Mittelding zwischen Genre, Historie und Porträt.
Triptychen leiten ihre Herkunft aus der Bibel her – man erkennt sie an dem vergoldeten Kreuz über dem mittlern Rahmen.
Ferner gibt es noch Tierstücke und Stilleben, sowie Blumen. Diese beruhen meist auf weiblicher Handarbeit. Tierstücke sind in der Regel von männlichen Malern und stellen Kühe dar.
Weil wir eben bei Kühen sind: Man soll Tantchens Porträt nicht von Verwandten des Modells beurteilen lassen; sie finden meist einen ›fremden Zug um den Mund‹ und überhaupt das Tantchen sehr gealtert.
Doch kann man jetzt schon ebenso unähnlich photographieren, wie man früher gemalt hat.
Auch wäre noch über Kokoschka zu sprechen. Er ist nicht volkstümlich. Als ich seine Ausstellung besuchte, sie hing schon zwei Wochen – da bekam ich das Billett Nr. 5. Wieder zwei Wochen später: Nr. 6. In der Zwischenzeit war niemand dagewesen. – Das war in der Provinz. In Berlin ist man snobistischer. Dort interessiert man sich für den interessanten Maler und streitet lebhaft, welches seiner Bildnisse Gustav Meyrink vorstellen möge, welches Peter Altenberg. Der Streit ist müßig, da sich das Meyrinkporträt dem Kenner sofort durch eine Emanation verrät, die den embryonalen Kopf umgibt. – Was uns aber als Peter Altenberg erschien, ist, ich weiß es von Meister Kokoschka persönlich, der Prater im Grünen.
Auch Schwalbachs Frauenbilder zeigen viel Grün, doch ist es mit Lila durchsetzt. Laien halten daher die Bilder oft für Entwürfe zu den neuen Reichsbanknoten, und die feinen Übergänge von Grün und Lila sollen die Nachahmung der Banknoten fast unmöglich machen. Alles Unsinn. Laien sollen nicht über Malerei urteilen. In Wahrheit will Schwalbach in Petroleum ertränkte Frauen darstellen.
Soziales
Die Fachbildung der Maler geschieht auf Akademien und kunstgewerblichen (nicht, wie man oft fälschlich sagen hört: kunstverderblichen) Schulen. Doch sucht, wer sich irgend liebt, alles, was er da gelernt hat, möglichst bald abzuschütteln.
Sehr wichtig sind Privatschulen – wenn auch nicht sosehr als Bildungsstätten wie als die den Malersleuten eigentümliche Form der Polygamie.
Die Maler leben bald paarweis, bald scharenweis am Rand der Großstadt, auf die private Wohltätigkeit angewiesen, nagend am Bettelstab.
Sie kaufen einander gegenseitig die Bilder ab, um sie zu übermalen – da Gemälde doch immer wohlfeiler sind als Leinewand.
Die ewige Beschäftigung mit Kohle und Farben stumpft ihren Reinlichkeitssinn ab, schon nach wenig Tagen kann selbst das scharfe Auge der Schlawinermutter den Söhn aus dem schwärzlichen Gewimmel nicht mehr herausfinden.
Der Mangel an Modellgeld entfernt von der Naturanschauung; Hungerhalluzinationen führen zu verzerrten Linien, Farbenillusionen. Daher: Expressio-, Infantil-, Dada-, Explosionismus.
Kauft man aber ein Bild, so kommt der Maler zu Geld und hört sofort zu schaffen auf, wodurch die Kunst wiederum geschädigt ist. Für Mäzene ein schreckliches Dilemma.
Wenig Maler nämlich üben l'art pour l'art aus. Von diesen wenigen nur kann man sagen: sie wären, auch ohne Hände geboren, Maler geworden.
Die meisten malen nur mit dem Maul.
Von den Mäzenen
Die reichen Amerikaner kommen mit dem Touristendampfer, Fahrpreis Dollar 125, nach Berlin und fragen den Hotelportier:
»I wish to have my portrait painted.«
»Ich wünsch, mich lassen zu malen. Uer ist mehr kostbar – Mister Leibrmänn oder Mister Dschäkl?«
Der Portier von Adlon antwortet dann: »Jäckel«; der Portier im Esplanade: »Liebermann.«
Nun, wenn man schon dulden muß, daß die Zunftkritik hinter ihrer Zeit zurückbleibt – von den Hotelportiers, zum Teufel, von ihnen wenigstens sollte man ein grades Urteil in Dingen der Kunst erwarten dürfen.
Meine Herren Portiers! Was Sie da reden, ist dummes Zeug. Alle, die in der letzten Ausstellung gehangen haben, sind Petrefakte; die übrigen Plusquamperfecta. Pechstein wurde gestern abend abgetan. Vielleicht gilt Gert Wollheim noch etwas, oder die Lore Zeller. Ich weiß es aber nicht bestimmt, denn ich war seit gestern nicht mehr im Café.
Wie benehme ich mich als Besitzer von Gemälden?
Man kaufe nur gerahmte Bilder – Rahmen sind unter allen Umständen eine vorteilhafte Kapitalanlage, da sie im Preis immerfort steigen. Man kann einen schönen Rahmen auch stets für wenig Geld neu füllen lassen, wenn einem das alte Sujet nicht mehr gefällt.
Man hänge das Bild so auf, daß des Malers Signum rechts unten bleibt, und ist dann beinah sicher, nicht verkehrt gehängt zu haben. Doch kann man moderne Gemälde ohne Schaden für die künstlerische Wirkung als Quer- oder Längsformat gebrauchen – je nachdem, ob die zu schmückende Wand schmal oder breit ist.
Immer suche man dunkle Winkel der Wohnung aus: da stören die Gemälde nicht so sehr und schlagen nicht leicht ein.
Endlich: Wie reinigt man Bilder?
Bei Pastellen wird ein Teppichklopfer genügen.
Aquarelle wäscht man mit heißem Wasser und Seife.
Ölgemälde mit einer Mischung von Terpentin und rauchender Schwefelsäure zu gleichen Teilen.
Bleistiftzeichnungen sind am leichtesten zu reinigen: mit Radiergummi; nötigenfalls helfe man mit einem scharfen Messer nach.